Ordnungspolitisches Radein-Forschungsseminar 2019

Bereits seit 1968, ursprünglich begründet von den beiden Marburger Professoren Dr. K. Paul Hensel und Dr. Ingomar Bog, findet alljährlich in Radein, einem kleinen Bergdorf in Südtirol, ein wissenschaftliches Forschungsseminar zu verschiedenen ökonomischen Themen statt. Seit dieser Zeit kommen jedes Jahr Teilnehmer aus verschiedenen Ländern, von zahlreichen Hochschulen und aus unterschiedlichen Disziplinen jeweils im Frühjahr zu einem einwöchigen Klausuraufenthalt zusammen, um gemeinsam miteinander zu diskutieren (siehe www.seminar.radein.de). Das mittlerweile 52. Forschungsseminar Radein fand dieses Jahr vom 10.-17. Februar 2019 unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Martin Leschke (Universität Bayreuth) und Prof. Dr. Nils Otter (Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin) statt und widmete sich dem Thema „Wachstum und Entwicklung: Globale Instabilitäten und neue wirtschaftspolitische Konzepte“. 

Im Rahmen der wissenschaftlichen Kerntagung wurden insgesamt 13 Beiträge vorgestellt und diskutiert, die sich mit der ökonomischen Entwicklung der Nationen vor dem Hintergrund von zahlreichen globalen Instabilitäten befassten. Die durch den Prozess der Globalisierung bewirkte fortschreitende Vernetzung der Volkswirtschaften hat auch dazu geführt, den Transmissionskanal ökonomischer Krisenerscheinungen zu beschleunigen. Die entwickelten Industrienationen befinden sich in einer Stagnationsphase und sind nicht ambitioniert, internationale Probleme zu lösen. Richtet man den Blick auf die Gruppe der Entwicklungs- und Schwellenländer, so können zwar große Fortschritte bei der Armutsbekämpfung konstatiert werden, die bestehenden weltweiten Entwicklungsunterschiede hinsichtlich der Lebensstandards bzw. Lebenschancen sind jedoch nach wie vor als gravierend anzusehen. Vor diesem Hintergrund wurde auch die Frage erörtert, welche neuen wirtschaftspolitischen Konzepte zur Verfügung stehen und ob sie geeignet sind, die skizzierten globalen Problemfelder zu lösen.

Es referierten im Einzelnen:

  • Prof. Dr. Martin Leschke (Universität Bayreuth):
    Wachstumsschwäche, Krisen, Chancen und Grenzen der internationalen Zusammenarbeit
  • Prof. Dr. Nils Otter (HWR Berlin):
    Entwicklungstheorie und Entwicklungszusammenarbeit: Versuch einer dogmengeschichtlichen Rekonstruktion  
  • Prof. Dr. Andreas Polk (HWR Berlin):
    Säkulare Stagnation: Diagnose und Therapievorschläge 
  • Prof. Dr. Albrecht Michler (Universität Düsseldorf):
    Der Finanzmarkt als fragiles Element für Wachstum und Entwicklung
  • Prof. Dr. Rahel Schomaker (FH Kärnten):
    Wachstum, Entwicklung und Governance: Zur Interdependenz von Regierungsführung und wirtschaftlicher Entwicklung
  • Prof. Dr. Dieter Smeets (Universität Düsseldorf):
    Euro 2020 – ein tragfähiges Konzept zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Staaten?
  • Dr. Mike Weber (Fraunhofer Fokus Institut):
    Das Governance-Konzept von Weltbank und IWF: eine kritische Bestandsaufnahme
  • Prof. Dr. Werner Pascha (Universität Duisburg-Essen):
    ASEAN - Bestandsaufnahme und Entwicklungen
  • Dr. Oliver Schmidt (GIZ):
    Behavioral Development Economics
  • Prof. Dr. Ansgar Belke (Universität Duisburg-Essen):
    Globalisierung und Ungleichheit: Bestandsaufnahme und Implikationen
  • Prof. Dr. Thomas Döring (FH Darmstadt):
    Wachstum und ökologischer Fußabdruck: Konzepte zur Lösung eines vermeintlichen Trade Offs
  • Prof. Dr. Dirk Wentzel (Hochschule Pforzheim):
    Mehr Internet – weniger Pressefreiheit: Die Einschränkung der Pressefreiheit und ihre Folgen weltweit
  • Dr. Tobias Thomas (Dice, Econwatch):
    Zur Rolle der Medien in der Demokratie

Um einen Einstieg in die Diskussion zu initiieren, wurde jeder Beitrag der Kerntagung von einem Korreferenten / einer Korreferentin kritisch kommentiert. Die Korreferate werden auch in den Tagungsband aufgenommen.

Ein Highlight der Tagung waren zudem auch die Beiträge im „freien Teil“ der Tagung. Hier stellten insbesondere die Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler Teile ihrer Dissertation oder andere Forschungsprojekte vor. Durch die stets offene, konstruktiv-kritische Diskussion konnten für die endgültige Fertigstellung der Projekte wertvolle Hinweise geliefert werden.